Blick in eine Werkstatt, Sägen hängen an der Wand, Beitragsbild: Ins Tun kommen - Werkzeuge
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Ins Tun kommen – Häng dir einen Meißel übers Bett

Text © Uschi Erlewein

Aktualisiert: 14. Februar 2022


„Immer schiebe ich es vor mir her, ich habe diesen Traum … will malen … möchte endlich ins Tun kommen! Hast du mir Tipps, wie ich anfangen kann?“ wollte neulich eine Leserin wissen.

Wie oft höre ich Variationen dieser Frage. Mal gehts ums Malen, mal ist es Märchenerzählerin werden, einen Blog starten, töpfern, schauspielen, Morgenseiten schreiben

Letztlich gehts darum, ins Tun zu kommen – und genau das fällt oft schwer. Trotz der tiefen Sehnsucht etwas Kreatives zu machen, kommt man nicht in die Gänge. Statt loszulegen, leiden wir mehr oder weniger an Aufschieberitis und handeln nicht.

So vieles hält uns davon ab, unsre Ideen zu verwirklichen. Warum? Die Liste ist lang: die äußeren Umstände, Zweifel, Lampenfieber, Verpflichtungen, du bist zu lange im Internet und bei Facebook unterwegs, Familie, nicht genug Zeit, Geld, Mut, …

Und doch: wir können lernen, unsere Wünsche und Visionen ernst zu nehmen und sie in die Wirklichkeit umsetzen.

Folge ich dem, was mir wirklich wichtig ist, muss ich immer wieder einen ersten Schritt machen, anfangen, dranbleiben. Betonung auf: immer wieder einen Schritt machen!

Das Schlechteste, was Sie schreiben, ist immer noch besser als das Beste, das Sie niemals zu Papier bringen.

Genau so ists: als Künstlerin werkelst du beständig an etwas. Egal, ob es nachher im Papierkorb landet oder von einem Museum angekauft wird.

Du musst viel Mist produzieren, der zum Dünger für die richtige Ernte wird. Tatsächlich sind gerade die Sachen, die mir nicht leicht gefallen sind und an denen ich lange Zeit herum kaute, schliesslich doch was ganz Besonderes geworden.

Praxis geht vor Theorie

Erst neulich hat mir jemand geschrieben: „Ich möchte so gerne auch Märchenerzählerin werden – aber erst muss ich eine Erzählerausbildung machen …“

Statt anzufangen und zu gestalten, meint so mancher sich durch Seminare eine Erlaubnis dafür erkaufen zu müssen. Dabei brauchst du im Bereich der Kunst nicht unbedingt ein Hochschulstudium oder einen Abschluss. Jeder, der das Bedürfnis, die Ausdauer und Lust hat künstlerisch zu arbeiten, kann das tun. Das ist die Freiheit in der Kunst.

In der Kunst kommt die Praxis immer vor der Theorie.

Pablo Picasso

Versteh mich richtig, ich meine damit nicht, dass Workshops oder ein Studium unnötig sind. Ich selber profitiere auch von all dem, was ich gelernt und studiert habe. Eine gute Grundlage an Wissen und Erfahrung sind immer goldwert.

Ausbildungen sind hilfreich, geben Anregungen und einen Rahmen – doch irgendwann gehen sie zu Ende. Dann heißt es, aus eigenem Antrieb selber aktiv zu sein.

Du brauchst deine eigene Motivation und Praxis, um weiterzumachen.

Ein Kunststudium nützt dir nämlich nichts, wenn du nicht ins Tun kommst! Wie Picasso sagte: es geht in erster Linie um die Praxis, ums Tun, erschaffen, was machen.

Künstler sind immer Kunst Schaffende!

Ins Tun kommen und machen

Verabschiede dich von der Vorstellung, dass Kunstwerke in einem einzigen Geniestreich entstehen. Warte nicht auf diesen einen Moment – der wahrscheinlich eh nie kommen wird.

Vielmehr geht es ums beständige Arbeiten, Handeln, Lernen, Verwerfen, Fehler machen und daraus lernen. Damit sammelst du Erfahrungen über dein Material, schulst dein Auge, trainierst Hände und Körper.

Ins Tun kommen ist das Ziel!
Warte nicht auf die grosse Eingebung.
Beginne.
Jetzt!
Bleib nicht in der Planung und deinen Träumen hängen,
sondern
bleib dran am Gestalten.

Der Meißel überm Bett

„Und was hat das alles mit dem Meißel überm Bett zu tun?“ fragst du jetzt.

Ich kannte einmal einen Steinbildhauer, der hatte über seinem Bett einen Meißel hängen.

Bessser gesagt, der Meißel hing direkt über seinem Kopfkissen!

Stell dir vor, solch ein Eisenwerkzeug, mit dem Gewicht eines mittelschweren Hammers, baumelte einen halben Meter über seinem Kopf – mit der Spitze nach unten!

Den Meißel hatte er da hingehängt, damit er sofort nach dem Aufwachen sein Werkzeug packen konnte.

Greifbar nah, damit er zu Beginn des Tages gleich an die Arbeit geht.

An diesen Anblick, vom baumelnden Meißel überm Bett, denke ich oft. Dieses Bild inspiriert mich, es gibt mir immer wieder einen Anstoß.

Ganz so drastisch, wie mein Bildhauerkollege, brauchst du dich ja nicht dran erinnern, um ins Tun zu kommen. Du brauchst dir dafür kein schweres Werkzeug übers Kopfkissen hängen.

Doch kannst du dir im übertragenen Sinne einen Meißel übers Bett hängen. Es ist nämlich eine gute Idee, sich eine greifbare Erinnerung an einem Ort zu platzieren, wo du sie immer wieder siehst.

Tipps & erste Schritte, um ins Tun zu kommen

  1. Klebe dir eine Erinnerung an deine Ziele auf eine Türe, auf den Badspiegel, auf den Frühstückteller, so dass du das am Morgen als erstes siehst.
  2. Schau dir gleich am Morgen, nach dem Aufwachen, das Bild an, an dem du gerade malst.
  3. Wenn du Morgenseiten schreibst, kannst du eine Erinnerung auf den Einband deines Buches schreiben oder zeichnen.
  4. Als Erzählerin, lege deine neue Geschichte immer griffbereit. Erzähle sie dir beim Einschlafen und wache mit ihr auf.
  5. Gewöhne dir an, den Tag mit Schreiben zu beginnen.
  6. Äussere Reize helfen dir, suche dir deshalb einen bestimmten Platz zum künstlerisch arbeiten, an dem du dich wohl fühlst.
  7. Du brauchst eine Deadline als Motiviation, ein Ziel? Dann setze dir eine!
  8. Verspreche dir eine Belohnung, wenn du eine Karotte statt einem Meißel brauchst.
  9. Mach einen Spaziergang, geh in den Garten, tanze, laufe oder meditiere …

Kleine Rituale schaffen gute Voraussetzungen, damit deine Kreativität in Fluss kommen kann. Zünde eine Kerze an, trink eine Tasse Kaffee, höre deine Lieblingsmusik, lese ein Gedicht, blättere in einem Kunstband … Beobachte, was du brauchst, um auf die Sprünge zu kommen.

Nutze, was immer bei dir funktioniert.

Falls du dafür noch ein paar Anregungen suchst, im Lesetipp habe ich dir die Bücher von Mason Currey gelistet. Mason hat richtig viele Beispiele zusammengetragen, wie Künstler es schaffen, um ins Tun zu kommen.

Und jetzt wünsche ich dir:
Frohes Schaffen!

Lesetipp:

Mason Currey: Musenküsse. Für mein kreatives Pensum gehe ich unter die Dusche – Die täglichen Rituale berühmter Künstler *

Mason Currey: Mehr Musenküsse. »Am kreativsten bin ich wenn ich bügle.«: Die täglichen Rituale berühmter Künstler *

Philipp Barth: Von der Kunst, einfach anzufangen: Aufschieberitis besiegen, Blockaden überwinden, Ziele erreichen *

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Wer schreibt hier:

Ich bin Uschi Erlewein und blogge hier über das Leben als freischaffende Künstlerin. Ansonsten bin ich hauptberufliche Erzählerin und habe mich auf Weltgeschichten aus fernen Ländern spezialisiert. Um die Geschichten gut erzählen zu können, reise ich auch schon mal in die Mongolei, aufs Dach der Welt, nach Kirgistan, Bali oder zu indianischen Erzählern.

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