Morgenseiten schreiben: Täglich zweckfrei Schreiben als Übung
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Morgenseiten schreiben: Täglich zweckfrei Schreiben als Übung

Text © Uschi Erlewein

Aktualisiert: 1. August 2021


Täglich zweckfrei schreiben, was bringt mir das Morgenseiten schreiben? Hat es mich verändert?

Wie ich in meinem Artikel Schreiben für den Kompost schon anklingt, regelmässiges Schreiben ist zum Dünger für meine künstlerische Arbeit geworden. Heute schreibe ich über einige Auswirkungen, die ich beobachtete.

Warum ich täglich schreibe

Anfangs, bis ich mich daran gewöhnt hatte täglich zu schreiben, sass ich oft da und hatte keine Ahnung, was ich noch in die Morgenseiten schreiben könnte.

Widerstand baute sich auf, wie das eben so geht, wenn du was Neues zur Gewohnheit machen willst.

Da heißt es:

Nicht aufgeben, bis das ungewohnte Tun zum Bedürfnis wird.

Wenn du hauptberuflich Künstlerin bist, stehst du unter einem ständigen Druck etwas zu schaffen, von dem du auch deine Brötchen bezahlen kannst.

Gerade deshalb ist solch ein kreativer Freiraum wichtig: Das tägliche Schreiben am Morgen ist eine Zeit, die nur sich selbst gehört. Es ist wie eine Meditation, eine Zeit der Ruhe, Stille und Zentrierung.

Täglich zweckfrei schreiben wurde zu einem beständigen Ort, wo ich mich mit meinem gestalterischen Projekten auseinandersetze. Hier plane ich und sammle aus dem Bauch heraus Ideen für die künstlerische Arbeit.

Oft schreibe ich mir auch die Dinge aus dem Kopf und der Seele, die mich unnötig viel beschäftigt hätten oder mich gar vom Arbeiten abgehalten hätten. So komme ich dann leichter ins Tun.

Morgenseiten schreiben zentriert. Es klärt, worum es mir in der Kunst und im Leben geht. Es zeigt auf, was wesentlich ist und was mich abgelenkt. Das Schreiben hilft mir mich, mein Leben und meine Umgebung zu ordnen und frei zu schaufeln.

Das Morgenseiten schreiben half mir durch turbulente, schwere Zeiten und schwierige Lebensphasen. So gesehen kann das zweckfreie Schreiben durchaus auch therapeutische Auswirkungen haben.

Im Schreiben erinnerte mich und hielt den Kontakt zu meiner künstlerischen Arbeit.

Worte finden

So wie ich ohne Anspruch und Leistungsdruck schreibe, sollen auch meine Geschichten auf der Bühne klingen. So leicht, persönlich und frei.

Wie lernen sie die Geschichten? … die Worte, die sie verwenden sind so erlesen … “  fragte eine Zuschauerin nach meiner Aufführung.

Ganz konkret finde ich in meinen zweckfrei geschriebenen Texten etliche Sätze, Worte, manchmal auch Gedichte oder Traumfetzen.

Diese Fundstücke bewahre ich in einer Kiste auf und vieles landet in so mancher von mir live erzählten Geschichte.

Treffender und typischer von mir ausgedrückt wie sonst nichts.

Artikelfoto: Morgenseiten schreiben: Täglich zweckfrei Schreiben als Übung

Morgenseiten schreiben nahm mir die Angst vor den Worten

Wenn ich früher eine Ausschreibung für einen Workshop schreiben musste, schwitzte ich Blut und Wasser für mehrere Tage. Es war eine Riesenaktion.

Sobald ein Anspruch und die eigene Kritik mitspielt, dann falle ich ganz schnell in den, jahrelang in der Schule geübten, Modus „Aufsatz-schreiben-Klassenarbeit-benotet-werden“.

Das ist alles andere als förderlich. Immer wenn ich etwas gestalterisch mache, muss ich dafür sorgen, dass ich nicht in diesem Modus verfalle.

Wenn ich meine Morgenseiten wieder durchlese, dann fällt mir auf, dass ich viel interessanter und eigenwilliger schreibe, wenn ich ohne Anspruch schreibe.

Jetzt ist für mich das Schreiben weggerückt von Schule und Hausaufgaben, hin zu Improvisation und Zeichnen.

Schreiben wurde mir zum Spiel. Jetzt setze ich mich einfach hin, verschwinde unter meine „Schreibkäseglocke“ beim Morgenseiten schreiben. Und schreibe, schreibe, schreibe.

Aus dem, was da so entsteht, kann ich dann Brauchbares auswählen. Das tägliche Schreiben ist meine Zeit, in der ich Ideen für meine Geschichten und fürs Bloggen finde.

Oft schreibe ich erst eine Zeitlang zweckfrei, dann packt mich ein Thema und ich schreibe gleich weiter. Dabei entstehen meine besten Texte für die Erzähler-Website oder hier für den Blog Ethnostories.

Dran Bleiben

Das Schreiben ist mir wie ein Spiegel, ich (er)kenne mich besser und vertraue mir mehr. Zweifel wurden weniger, da ich täglich sehe, dass ich nie „austrockne“ oder einen „Black-out“ habe. Täglich Schreiben zeigt mir diesen beständige Strom von Kreativität, der aus mir heraus fliesst. Das zu wissen, hilft prima z.B. auch gegen Lampenfieber.

Zu sehen, wie viele mit der Hand vollgeschriebene Seiten und Bücher sich im Laufe der Wochen ansammeln, gab mir Vertrauen:

Wenn ich nur beständig an etwas dran bleibe, dann entsteht etwas.
Viele kleine Schritte bringen einen auch voran.

Wach träumen

Als ich vor über 20 Jahren mit dem Morgenseiten schreiben begann, war bald eine Veränderung zu beobachten: ich konnte immer besser meine Träume erinnern. Ja, ich stellte fest, dass ich ganze Stories und Filmscripts träumte. Pittura metafisica, Gemälde, expressionistische Bilder … und Geschichten!

Das ich nütze ich seither gezielt, wenn ich an einer neuen Erzählung arbeite. Ich schlafe ein, während ich mich in Gedanken in der neuen Geschichte bewege.

Gleich nach dem Aufwachen beginne ich absichtslos zu schreiben. Und während mein Stift über das Papier wandert, kommen all die Bilder des Traumes zurück.

Diese Zeit am Morgen ist mir sehr kostbar, ich nutze sie so oft wie möglich.

Nehme ich mir nicht die Zeit, verflüchtigten sich die Traumfetzen und sind nicht mehr greifbar. Und würden dann auch nicht in meiner künstlerischen Arbeit landen. Das wäre schade!

Deshalb lasse ich mich weder vom Telefon, noch von sonstwas, beim Schreiben stören.

Update:

… ich muss gestehen, das Morgenseiten schreiben hat sich ein wenig verschoben in Richtung zweckgebunden Schreiben.

Doch meine Haltung ist weiterhin die selbe. Ich schreibe weiterhin Morgens zweckfrei und fange meine Gedanken damit ein. Allerdings entstehen zur Zeit dabei viele neue Texte für meine Erzählerwebsite, für diesen Blog Ethnostories, den Newsletter und neue Geschichten zum Erzählen.

Ist ja auch gut, wenn aus einem zweckfreien Ansatz plötzlich so viel konkret entsteht!


Mein Tipp für dich:

Nimm dir jeden Morgen ein bisschen Zeit, um täglich zweckfrei schreiben.

Probier es aus!

… und wenn du Lust hast, berichte in den Kommentaren über deine Erfahrungen.

Lesetipp:

Julia Cameron: The Artist’s Way *, Originalversion auf englisch, ist meiner Meinung besser als die die deutsche Übersetzung

Julia Cameron: Der Weg des Künstlers * 

Julia Cameron: Es ist nie zu spät, neu anzufangen: Der Weg des Künstlers ab 60 *

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Wer schreibt hier:

Ich bin Uschi Erlewein und blogge hier über das Leben als freischaffende Künstlerin. Ansonsten bin ich hauptberufliche Erzählerin und habe mich auf Weltgeschichten aus fernen Ländern spezialisiert. Um die Geschichten gut erzählen zu können, reise ich auch schon mal in die Mongolei, aufs Dach der Welt, nach Kirgistan, Bali oder zu indianischen Erzählern.

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